Band I, Kapitel 8
ansehen darf, das heißt also das Zur-Wirklichkeit-Werden derselben, kann die Verwirklichung der letzten Absicht des Programmatikers nie erfolgen, da wohl der menschliche Gedanke Wahrheiten zu erfassen, kristallklare Ziele aufzustellen vermag, allein die restlose Erfüllung derselben an der allgemein menschlichen Unvollständigkeit und Unzulänglichkeit scheitern wird. Je abstrakt richtiger und damit gewaltiger die Idee sein wird, um so unmöglicher bleibt deren vollständige Erfüllung, solange sie nun einmal von Menschen abhängt.23 Daher darf auch die Bedeutung des Programmatikers nicht an der Erfüllung seiner Ziele gemessen werden, als vielmehr# 1930: als vielmehr ersetzt durch: sondern an der Richtigkeit derselben und dem Einfluß, den sie auf die Entwicklung der Menschheit genommen haben. Wäre es anders, dürften nicht die Begründer von Religionen zu den größten Menschen auf dieser Erde gerechnet werden, da ja die Erfüllung ihrer ethischen Absichten niemals eine auch nur annähernd vollständige sein wird. Selbst die Religion der Liebe ist in ihrem Wirken nur ein schwacher Abglanz des Wollens ihres erhabenen Begründers24; allein ihre Bedeutung liegt in der Richtung, die sie einer allgemeinen menschlichen Kultur-, Sittlichkeits- und Moralentwicklung25 zu geben versuchte.
Die überaus große Verschiedenheit der Aufgaben des Programmatikers und des Politikers ist auch die Ursache, warum fast nie eine Vereinigung von beiden in einer Person zu finden ist. Es gilt dies besonders vom sogenannten »erfolgreichen« Politiker kleinen Formats, dessen Tätigkeit zumeist wirklich nur eine »Kunst des Möglichen« ist, wie Bismarck die Politik überhaupt etwas bescheiden bezeichnete.26 Je freier ein solcher »Politiker« sich von großen Ideen hält, um so leichter und häufig auch sichtbarer, immer jedoch schneller, werden seine Erfolge sein. Freilich, sie sind damit auch der irdischen Vergänglichkeit geweiht und überleben manchmal nicht den Tod ihrer Väter. Das Werk solcher Politiker ist im großen und ganzen für die Nachwelt bedeutungslos, da ihre Erfolge bei# 1926: bei ersetzt durch: in der Gegenwart ja nur auf dem Fernhalten aller wirklich großen und einschneidenden Probleme und Gedanken beruhen, die als solche auch für die späteren Generationen von Wert gewesen sein würden.