Band I, Kapitel 2
Denken nun unsere bürgerlichen Kreise darüber nach, in welch lächerlichem Umfange diese Voraussetzung zum Stolz auf das Vaterland dem »Volke« vermittelt wird?
Man rede sich nicht darauf aus# 1926: aus ersetzt durch: hinaus , daß in »anderen Ländern dies ja auch nicht anders« sei, der Arbeiter dort aber »dennoch« zu seinem Volkstum stände. Selbst wenn dies so wäre, würde es nicht zur Entschuldigung eigener Versäumnisse dienen können. Es ist aber nicht so. Denn was wir immer mit dem Worte# 1930: gestrichen: dem Worte einer »chauvinistischen« Erziehung z.B. des französischen Volkes bezeichnen, ist doch nichts anderes, als das übermäßige Herausheben der Größe Frankreichs auf allen Gebieten der Kultur, oder wie der Franzose zu sagen pflegt, der »Zivilisation«.62 Der junge Franzose wird eben nicht zur Objektivität63 erzogen, sondern zur subjektivsten Ansicht, die man sich nur denken kann, soferne# 1939: soferne ersetzt durch: sofern es sich um die Bedeutung der politischen oder kulturellen Größe seines Vaterlandes handelt.64
Diese Erziehung wird sich dabei immer auf allgemeine, ganz große Gesichtspunkte zu beschränken haben, die, wenn nötig, in ewiger Wiederholung dem Gedächtnis und dem Empfinden des Volkes einzuprägen sind.65
Nun kommt aber bei uns zur negativen Unterlassungssünde noch die positive Zerstörung des Wenigen, was# 1926: was ersetzt durch: das der einzelne das Glück hat, in der Schule zu lernen. Die Ratten der politischen Vergiftung unseres Volkes fressen auch dieses Wenige noch aus dem Herzen und der Erinnerung der breiten Masse# 1939: Masse ersetzt durch: Massen;
1944: Masse heraus, soweit nicht Not und Jammer schon das ihrige besorgten.66
Man stelle sich doch einmal folgendes vor:
In einer Kellerwohnung, aus zwei dumpfen Zimmern bestehend, haust eine siebenköpfige Arbeiterfamilie. Unter den fünf Kindern auch ein Junge von, nehmen wir an, drei Jahren.67 Es ist dies das Alter, in dem die ersten Eindrücke einem Kinde zum Bewußtsein kommen.68 Bei Begabten finden sich noch bis in das hohe Alter Spuren der Erinnerung aus dieser Zeit. Schon die Enge und Überfüllung des Raumes führt nicht zu günstigen Verhältnissen. Streit und Hader werden sehr häufig schon auf diese Weise entstehen. Die Menschen leben so ja nicht# 1926: so ja nicht ersetzt durch: ja so nicht miteinander, sondern drücken aufeinander. Jede,