Talent zum Zeichnen <span class="pagenumber">[5]</span>

30 Hitlers implizite Kritik verweist auf das problematische Verhältnis, das ihn mit seinem Vater verband. Die Strenge und emotionale Kälte Alois Hitlers äußerten sich nicht zuletzt darin, dass er seinen Sohn Adolf regelmäßig und in einem Maß schlug, das über das damals »Normale« hinausging. Im Juni 1946 gab Paula Hitler zu Protokoll: »Mein Bruder Adolf forderte meinen Vater zu extremer Strenge heraus und erhielt dafür jeden Tag eine richtige Tracht Prügel«. Hitlers Halbschwester Angela Hammitzsch betonte im Mai 1945: »Sein [Hitlers] Vater, der schlug ihn, wenn er nach der Schule nicht nach Hause kam, mehr als 2 bis 3 mal in der Woche.« Die Gewalttätigkeit seines Vaters sollte Hitler nachhaltig prägen. Schon der Umstand, dass er im persönlichen Umfeld auch Jahrzehnte später immer wieder auf sie zu sprechen kam, ist auffällig. Dabei signalisierte er jedoch auch Verständnis für seinen Vater. In ihren Erinnerungen schrieb Hitlers langjährige Sekretärin Christa Schroeder: »Er [Hitler] sprach auch von der Liebe seiner Mutter, an der er sehr hing und von der Strenge seines Vaters. ›Meinen Vater habe ich nicht geliebt‹, pflegte er zu sagen, ›dafür aber um so mehr gefürchtet. Er war jähzornig und schlug sofort zu‹. […] Später aber, als ihn das Leben hart anpackte, hat Hitler, wie er erzählte, vor seinem Vater den größten Respekt gehabt, weil er sich vom Waisenknaben zum Zollbeamten hinaufgearbeitet hatte«. Am 20. 8. 1942 betonte Hitler gegenüber Reichsjustizminister Otto Thierack, Staatssekretär Curt Rothenberger und dem Chef der Reichskanzlei, Hans Heinrich Lammers: »Hätte ich alle die Prügel, die ich bekommen habe, auf einmal bekommen, ich wäre draufgegangen. Es war notwendig, es wäre sonst nicht gegangen mit mir.«

Vgl. Hitler, Monologe, Zitat S. 350; Schroeder, Chef, Zitate S. 63 mit Anm. 139; Kershaw, Hitler, Bd. 1, S. 39 – 42; Anm. 37 in diesem Kapitel.

Ich sollte studieren.29

Aus meinem ganzen Wesen und noch mehr aus meinem Temperament glaubte der Vater den Schluß ziehen zu können, daß das humanistische Gymnasium einen Widerspruch zu meiner Veranlagung darstellen würde. Besser schien ihm eine Realschule zu entsprechen. Besonders wurde er in dieser Meinung noch bestärkt durch eine ersichtliche Fähigkeit zum Zeichnen; ein# 1937: ein ersetzt durch: einem;
1939: ein Gegenstand, der in den österreichischen Gymnasien seiner Überzeugung nach vernachlässigt wurde. Vielleicht war aber auch seine eigene schwere Lebensarbeit noch mitbestimmend, die ihn# 1937: ihn ersetzt durch: ihm;
1939: ihn;
1944: ihm das humanistische Studium, als in seinen Augen unpraktisch, weniger schätzen ließ. Grundsätzlich war er aber der Willensmeinung [sic!], daß, so wie er, natürlich auch sein Sohn Staatsbeamter werden würde; ja müßte. Seine bittere Jugend ließ ihn# 1930: ihn ersetzt durch: ihm ganz natürlich das später Erreichte um so größer erscheinen, als dieses doch nur ausschließliches Ergebnis seines eisernen Fleißes und eigener Tatkraft war. Es war der Stolz des Selbstgewordenen, der ihn bewog, auch seinen Sohn in die gleiche, wenn möglich natürlich höhere Lebensstellung bringen zu wollen, um so mehr, als er doch durch den Fleiß des eigenen Lebens seinem Kinde das Werden um so viel zu erleichtern vermochte.

Der Gedanke einer Ablehnung dessen, was ihm einst zum Inhalt eines# 1937: eines ersetzt durch: seines;
1939: eines;
1944: seines ganzen Lebens wurde, erschien ihm doch als unfaßbar. So war der Entschluß des Vaters einfach, bestimmt und klar, in seinen eigenen Augen selbstverständlich. Endlich wäre es seiner in dem bitteren Existenzkampfe eines ganzen Lebens herrisch gewordenen Natur30 aber auch ganz unerträglich vorgekommen, in solchen Dingen etwa die letzte Entscheidung dem in seinen Augen unerfahrenen und damit eben noch nicht verantwortlichen Jungen selber zu überlassen. Es würde dies auch als schlechte und verwerfliche Schwäche in der Ausübung der ihm zukommenden väterlichen Autorität und Verantwortung für das spätere Leben seines Kindes unmöglich zu seiner sonstigen Auffassung von Pflichterfüllung gepaßt haben.

Und dennoch sollte es anders kommen.

Zum ersten Male in meinem Leben wurde ich, als damals noch kaum Elfjähriger, in# 1939: in ersetzt durch: zur;
1944: in Opposition gedrängt. So hart und entschlossen