Die Aufgabe der Propaganda <span class="pagenumber">[189]</span>

23 Trotz – oder gerade wegen – der sehr hohen Popularität des Themas Propaganda setzte sich in den 1920er Jahren keine allgemein verbindliche Definition des Propagandabegriffs durch. Vor allem das Fehlen einer trennscharfen Abgrenzung zu den Begriffen »Werbung« und »Reklame« fällt auf. Erst in den 1930er Jahren finden sich in einschlägigen Lexika nähere Differenzierungen. So definierte der Brockhaus 1933 Propaganda als »Tätigkeit jeder Art« im Werbewesen, »die auf breiteste Kreise zu wirken sucht«. Werbung galt demgegenüber als eine Form geistiger Beeinflussung, die planmäßig die Menschen zum selbstgewollten Aufnehmen, Erfüllen und Weiterverbreiten eines bestimmten Zwecks veranlasse. Dieser Zweck konnte vielfältig sein: »Der Kaufmann will zum Kaufen veranlassen, die politische Partei Anhänger gewinnen, die Filmdiva die Beachtung ihrer Persönlichkeit erringen usw.« In der 1940 erschienenen Ausgabe von Meyers Lexikon ähnelt der Artikel zur Propaganda Hitlers Ausführungen in diesem Kapitel, etwa indem der angebliche Misserfolg der deutschen Propaganda im Ersten Weltkrieg deren »falscher Objektivität« angelastet wird. Definiert wurde Propaganda nun als die »Gesamtheit aller Maßnahmen der Werbung und der Aufklärung, die der Durchsetzung eines weltanschaulichen, polit[ischen], kulturellen, militär[ischen] usw. Ziels dienen; im D[eu]t[schen] Reich darüber hinaus ein polit[isches] Führungsmittel, mit dessen Hilfe eine geschlossene Ausrichtung des Volkes in allen polit[ischen] Fragen sichergestellt ist.« Dabei sei es »der Führer selbst« gewesen, der das »Wesen der nationalsozialistischen Propaganda« mit ihrer »inneren Stärke und Überzeugungskraft« bestimmt habe.

Vgl. Brockhaus, Bd. 15 (¹⁵1933), S. 160, Bd. 20, Zitat S. 227; Meyers Lexikon, Bd. 8 (⁸1940), Zitat Sp. 1508 f.

24 Die Vorstellung von der Nachrangigkeit der Vernunft gegenüber dem Gefühlsleben war unter Theoretikern der Propaganda Allgemeingut. Verbreitung fand auch hier ein Urteil Gustave Le Bons, die Massen ließen sich »wesentlich durch das Unbewußte« leiten, nicht aber durch »logische Argumente«. In diesem Sinne betonte auch Erhard Deutelmoser, im Ersten Weltkrieg Leiter des Kriegspresseamts, in seiner Schrift Zwischen gestern und morgen (1919): »Sie [die Öffentlichkeit] empfindet immer und denkt nur selten.« Viktor Mataja widersprach der angeblich gerade unter »Gebildeten« verbreiteten Ansicht, dem Einfluss der Reklame nicht zu unterliegen, da sich diese nur an Ungebildete richte – eine in seinen Augen schwerwiegende Unterschätzung der Wirksamkeit von Reklame.

Vgl. Le Bon, Psychologie, S. 18 f., 37, 71, 78 – 81, Zitate S. 18, 78; Deutelmoser, Gestern, Zitat S. 20; Mataja, Reklame, bes.S. 32 – 41; Schultze Pfaelzer, Propaganda, S. 78 f.; Paul, Aufstand, S. 29; Hartungen, Psychologie, S. 9; Bramsted, Goebbels, S. 16; Longerich, Goebbels, S. 92 – 95.

25 Hitler argumentiert hier abermals mit einem Gemeinplatz der zeitgenössischen Debatte über Propaganda und Massenpsychologie. Schon Gustave Le Bon behauptete lapidar, es sei stets »die Dummheit« und »nicht der Geist«, der sich in den Massen akkumuliere. Dieser Gedanke wurde in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts vielfach aufgegriffen und auf das Reklamewesen projiziert. So schrieb der österreichische Arzt Christoph von Hartungen in seiner Studie Psychologie der Reklame (1921): »Die große Masse ist stets selbständigem intuitivem Denken abhold, heute mehr denn je. […] Der Reklamer, der nun diese aktuelle Schwäche der Massen zu seinen Gunsten und zu seinem Vorteile verwertet, handelt daher psychologisch in ganz hervorragender Weise richtig.«

Vgl. Le Bon, Psychologie, Zitat S. 14; Roßbach, Massenseele, S. 4, 10 f.; Hartungen, Psychologie, S. 17, Zitat S. 139; Schultze Pfaelzer, Propaganda, S. 149; Kap. I/2, Anm. 113; Kap. II/4, Anm. 19.

»Durchwandern« der Ausstellung. Von ihm darf erwartet werden, daß er in gründlichem Schauen sich in die einzelnen Werke vertiefe und sich dann langsam ein gerechtes Urteil bilde.

Ähnlich liegen die Verhältnisse auch bei dem, was wir heute mit dem Worte# 1939: Worte ersetzt durch: Wort Propaganda bezeichnen.23

Die Aufgabe der Propaganda liegt nicht in einer wissenschaftlichen Ausbildung des einzelnen, als vielmehr# 1930: als vielmehr ersetzt durch: sondern in einem Hinweise# 1930: Hinweise ersetzt durch: Hinweisen der Masse auf bestimmte Tatsachen, Vorgänge, Notwendigkeiten usw., deren Bedeutung dadurch erst in den Gesichtskreis# 1939: Gesichtskreis ersetzt durch: Gesichtspunkt der Masse gerückt werden soll.

Die Kunst liegt nun ausschließlich darin, dies in so vorzüglicher Weise anzufassen# 1930: anzufassen ersetzt durch: zu tun , daß eine allgemeine Überzeugung von der Wirklichkeit einer Tatsache, der Notwendigkeit eines Vorganges, der Richtigkeit von etwas Notwendigem usw. entsteht. Da sie nun# 1926: gestrichen: nun aber nicht Wissenschaft# 1930: Wissenschaft ersetzt durch: Notwendigkeit an sich ist und sein kann, da ihre Aufgabe ja genau wie bei dem Plakat im Aufmerksammachen der Menge zu bestehen hat und nicht in der Belehrung des# 1930: des ersetzt durch: der wissenschaftlich ohnehin Erfahrenen oder nach Bildung und Einsicht Strebenden, so muß ihr Wirken auch immer mehr auf das Gefühl gerichtet sein und nur sehr bedingt auf den sogenannten Verstand.24

Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau zu richten# 1930: zu richten ersetzt durch: einzustellen nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten gedenkt. Damit wird ihre rein geistige Höhe um so tiefer zu stellen sein, je größer die zu erfassende Masse der Menschen sein soll. Handelt es sich aber, wie bei der Propaganda für die Durchhaltung eines Krieges, darum, ein ganzes Volk in ihren Wirkungsbereich zu ziehen, so kann die Vorsicht bei der Vermeidung zu hoher geistiger Voraussetzungen gar nicht groß genug sein.25

Je bescheidener dann ihr wissenschaftlicher Ballast ist, und je mehr sie ausschließlich auf das Fühlen der Masse Rücksicht nimmt, um so durchschlagender wird# 1930: gestrichen: wird der Erfolg sein# 1930: gestrichen: sein . Dies# 1930: Dies ersetzt durch: Dieser aber ist der beste Beweis für die Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer Propaganda und nicht die gelungene Befriedigung einiger Gelehrter oder »ästhetischer« Schmachtaffen# 1926: »ästhetischer« Schmachtaffen ersetzt durch: ästhetischer Jünglinge .26