Politische Ziele Frankreichs und Englands <span class="pagenumber">[273]</span>

64 Hitlers Resümee der französischen Deutschlandpolitik entstand unter dem Eindruck der im Januar 1923 erfolgten Besetzung des Ruhrgebiets durch französische Truppen. Zugleich verweist diese Passage auf jene traditionelle französische Machtpolitik, deren Ziel es war, den Rhein zu Frankreichs Ostgrenze zu machen – erinnert sei an die gewaltsame Expansions- und Hegemonialpolitik Ludwigs XIV. in den Jahren 1667 – 1697, an die in der Französischen Revolution popularisierte Idee der »natürlichen Grenzen« Frankreichs sowie an die Errichtung des Rheinbunds durch Napoleon I. im Jahr 1806. Hitler versucht auch hier, die erfolgreiche deutsch-französische Annäherung seit 1924 unter den Außenministern Gustav Stresemann und Aristide Briand – eine wesentliche Voraussetzung für die Räumung des besetzten Ruhrgebiets im Juli/August 1925 – zu desavouieren. In der Zeit unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs war die französische Außenpolitik indes tatsächlich auf die Abtrennung des linksrheinischen Deutschlands und auf die Errichtung eines von Frankreich abhängigen Pufferstaats ausgerichtet gewesen sowie ferner auf die Auflösung des Deutschen Reichs in seine Teilstaaten; insbesondere Preußen und sein System des »Militarismus« sollten künftig niedergehalten werden. Diese Maximalziele konnten jedoch nicht erreicht werden. In der Folgezeit unterstützte Frankreich separatistische Bewegungen im Rheinland und in der Pfalz. Allerdings blieb, wie sich spätestens Anfang 1924 zeigte, auch dies politisch ohne Erfolg.

Vgl. Steinmeyer, Grundlagen; Poidevin/ Bariéty, Frankreich, S. 18 f., 26 – 35; Bariéty, Sicherheitsfrage; Tümmers, Rhein, bes.S. 123 – 127; Soutou, Rhein; Kolb, Frieden, bes.S. 58 – 60; Burkhardt, Vollendung, S. 98 – 116; Schlemmer, Rheinstaatbestrebungen, S. 70 – 189; Kap. II/10, Anm. 45; Anm. 158 in diesem Kapitel; Kap. II/15, Anm. 23, 47.

65 Tatsächlich stand Frankreichs Sicherheitsbedürfnis nach dem Ersten Weltkrieg in einem klaren Gegensatz zur Politik Großbritanniens. Bereits bei den Friedensverhandlungen 1919 kam es zu Differenzen, da sich französische Gebietsforderungen und britische Ausgleichsversuche widersprachen. Diese Spannungen sollten sich in den folgenden Jahren fortsetzen. So sah Großbritannien 1921/22 etwa die französischen Reparationsforderungen als unangemessen an, dasselbe galt für die französische Ruhrbesetzung von 1923. Auch bei der Kolonialpolitik begegneten sich beide Siegermächte mit Misstrauen. In seiner rein machtpolitischen Sichtweise ignoriert Hitler hier allerdings andere französische Motive wie das ökonomische Ziel, die Reparationsleistungen abzusichern, oder das Bestreben nach einer dauerhaften Sicherung seiner Grenzen. Auch die Politik der Locarno-Verträge, die einen deutsch-französischen Ausgleich anstrebte und die französisch-britischen Differenzen dämpfte, lässt Hitler unerwähnt.

Vgl. Bell, France, S. 126 – 131; Lentin, Lloyd George, S. 47 – 66; Kolb, Frieden, S. 58 – 60; Martin, Relations, S. 139; Kap. II/14, Anm. 45; Kap. II/15, Anm. 9, 12, 49.

so diejenigen Frankreichs eine Balkanisierung Deutschlands.

Englands Wunsch ist und bleibt die Verhütung des übermäßigen Emporsteigens einer kontinentalen Macht zu weltpolitischer Bedeutung, d. h. also die Aufrechterhaltung einer bestimmten Ausgeglichenheit der Machtverhältnisse der europäischen Staaten untereinander63; denn dies erscheint als Voraussetzung einer britischen Welt-Hegemonie#1937: Welt-Hegemonie ersetzt durch: Welthegemonie;
1939: Welt-Hegemonie;
1944: Welthegemonie.

Frankreichs Wunsch ist und bleibt die Verhütung der Bildung einer geschlossenen Macht Deutschlands, die Aufrechterhaltung eines Systems deutscher, in ihren Kräfteverhältnissen ausgeglichener Kleinstaaten ohne einheitliche Führung, unter Besetzung des linken Ufers des Rheins als Voraussetzung für die Schaffung und Sicherung seiner Hegemonie-Stellung#1937: Hegemonie-Stellung ersetzt durch: Hegemoniestellung in Europa.64

Das letzte Ziel französischer Diplomatie wird ewig im Gegensatze stehen zur letzten Tendenz der britischen Staatskunst.65

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Wer von dem obigen Gesichtspunkt aus eine Prüfung der heutigen Bündnismöglichkeiten für Deutschland vornimmt, muß zu der Überzeugung gelangen, daß als letzte durchführbare Bindung nur eine Anlehnung an England übrig bleibt#1933: übrig bleibt ersetzt durch: übrigbleibt. So entsetzlich auch die Folgen der englischen Kriegspolitik für Deutschland waren und sind, so darf man sich doch nicht der Einsicht verschließen, daß ein zwangsläufiges Interesse Englands an einer Vernichtung Deutschlands heute nicht mehr besteht, ja, daß im Gegenteil Englands Wunsch#1929: Wunsch ersetzt durch: Politik von Jahr zu Jahr mehr eine#1929: eine ersetzt durch: auf eine Hemmung des maßlosen französischen Hegemonie-Triebes#1937: Hegemonie-Triebes ersetzt durch: Hegemonietriebes;
1939: Hegemonie-Triebes darstellen#1929: darstellen ersetzt durch: hinauslaufen muß. Nun wird aber Bündnispolitik nicht getrieben vom Gesichtspunkt rückblickender Verstimmungen aus#1937: gestrichen: aus; 1939: wieder eingefügt: aus,