Aufbau nach aristokratischem Prinzip <span class="pagenumber">[81]</span>

7 Hitlers Formulierung erinnert stark an Alfred Rosenbergs Schrift Der völkische Staatsgedanke (1924), in welcher »der demokratische Gedanke der französischen Revolution« mit der »Vernichtung der Persönlichkeiten und der Inthronisation des rohen und chaotischen Massenprinzips« assoziiert wird. Die Hervorhebung der essenziellen Bedeutung großer Persönlichkeiten – im Gegensatz zu »Masse« und »Majorität« – war schon in völkischen und konservativen Schriften des Kaiserreichs allgegenwärtig. Wirkmächtig wurde sie während der raschen Politisierung der deutschen Bevölkerung seit der Reichsgründung – einer Entwicklung, die sich unter anderem in einer rasch wachsenden Wahlbeteiligung an den Reichstagswahlen manifestierte (1871: 50,7 %; 1912: 84,5 %). Mit Blick auf die grundlegenden gesellschaftlichen »Umwandlungen« seiner Zeit sprach Emil Hammacher, Privatdozent für Philosophie an der Universität Bonn, 1913 gar von »einem Kampfe zwischen Masse und Individuum auf Tod und Leben«. Dieser Gedanke fand im völkischen Lager wohlwollende Aufnahme, etwa in Houston Stewart Chamberlains Aufsatz Kultur und Politik (1923). Im inneren Aufbau der NSDAP fand die Vorrangstellung der »Persönlichkeit« gegenüber der »Masse« ihre Entsprechung im »Führerprinzip«.

Vgl. Langbehn, Rembrandt, S. 274 – 276; Hammacher, Hauptfragen, Zitat S. 106 f.; Chamberlain, Rasse, S. 37 f.; Rosenberg, Staatsgedanke, Zitat S. 9; Berghahn, Kaiserreich, S. 312 f.; Anm. 35 in diesem Kapitel.

8 Hitlers Kritik richtete sich primär gegen die »Sozialisten« in der NSDAP um Gregor Straßer und Joseph Goebbels, deren politische Agitation von antikapitalistischen Forderungen geprägt war; Ziel sei eine sozial gerechte, nationale »Brotgemeinschaft«. Es bestünde, so ein Programmentwurf vom Herbst 1925, eine »schicksalhafte und kausale Verbundenheit zwischen der wirtschaftlichen Befreiung der deutschen Arbeitnehmerschaft und der politischen Befreiung des deutschen Volkes«. Als Abgeordneter der Nationalsozialistischen Freiheitspartei hatte Straßer am 25. 11. 1925 vor dem Reichstag erklärt, das »Wirtschaftssystem des Kapitalismus« müsse »mit seiner unsittlichen Wertung des Menschen nach Besitz und Geld […] durch eine neue, gerechte, kollektivistische Wirtschaftsordnung« ersetzt werden. In Hitlers Denken spielten solche Forderungen allenfalls eine Nebenrolle. Frei von Widersprüchen blieb Hitlers Haltung indes nicht: Im Kapitel Der Staat (II/2) hatte er noch die Bedeutung gerechter Entlohnung und geringer Lohndifferenzen hervorgehoben und deren Verwirklichung als eine politische Aufgabe der NS-Bewegung herausgestellt.

Vgl. Schildt, Arbeitsgemeinschaft, S. 72 – 75, Zitat S. 72; Kühnl, Programmatik, Zitat S. 324; Plöckinger, Geschichte, S. 80 f., 100 f.; Kap. II/2, S. 74.

Gröber ist diese#1937: diese ersetzt durch: die;
1939: diese Aufgabe deshalb, weil sie fast mechanisch erkannt und gelöst zu werden vermag. Schwieriger ist es, aus der Gesamtheit aller die geistig und ideell wirklich wertvollsten Köpfe zu erkennen und ihnen jenen Einfluß einzuräumen, der nicht nur diesen überlegenen Geistern an sich zukommt, sondern der vor allem der Nation von Nutzen ist. Diese Siebung nach Fähigkeit und Tüchtigkeit kann nicht mechanisch vorgenommen werden, sondern ist eine Arbeit, die der Kampf des täglichen Lebens ununterbrochen besorgt.5

Eine Weltanschauung, die sich bestrebt, unter Ablehnung des demokratischen Massengedankens, dem besten Volk, also den höchsten Menschen, diese Erde zu geben, muß logischerweise auch innerhalb dieses Volkes wieder dem gleichen aristokratischen Prinzip6 gehorchen und den besten Köpfen die Führung und den höchsten Einfluß im betreffenden Volke#1944: Volke ersetzt durch: Volk sichern. Damit baut sie nicht auf dem Gedanken der Majorität, sondern auf dem der Persönlichkeit auf.7

Wer heute glaubt, daß sich ein völkischer, nationalsozialistischer Staat etwa nur rein mechanisch durch eine bessere Konstruktion seines Wirtschaftslebens von anderen Staaten zu unterscheiden hätte, also durch einen besseren Ausgleich von Reichtum und Armut oder durch mehr Mitbestimmungsrecht breiter Schichten am Wirtschaftsprozeß oder durch gerechtere Entlohnung, durch Beseitigung von zu großen Lohndifferenzen, der ist im Alleräußerlichsten stecken geblieben#1937: stecken geblieben ersetzt durch: steckengeblieben;
1939: stecken geblieben;
1944: steckengeblieben und hat keine blasse Ahnung von dem, was wir als Weltanschauung zu bezeichnen haben.8 All das eben Geschilderte bietet nicht die geringste Sicherheit für dauernden Bestand und noch viel weniger den Anspruch auf Größe. Ein Volk, das nur in diesen wirklich äußeren Reformen haften bliebe#1937: haften bliebe ersetzt durch: haftenbliebe;
1939: haften bliebe, würde damit nicht im geringsten eine Garantie für den Sieg dieses Volkes im allgemeinen Völkerringen erhalten. Eine Bewegung, die nur in einer derartigen allgemein ausgleichenden und sicherlich gerechten Entwicklung den Inhalt ihrer Mission empfindet, wird in Wahrheit keine gewaltige und keine wirkliche, weil#1937: eingefügt: nicht tiefe Reform der bestehenden Zustände herbeiführen, da ihr ganzes Handeln am Ende nur in Äußerlichkeiten