Folgen unserer rassischen Zerrissenheit <span class="pagenumber">[28]</span>

41 Im Zeitalter des Imperialismus verstanden sich die europäischen Kolonialmächte als durch Kultur und Rasse überlegene »Herrenvölker«, die gegenüber der indigenen Bevölkerung in den Kolonien privilegiert seien. In Deutschland wurde besonders nach dem Rücktritt Bismarcks als Reichskanzler (1890) die Forderung laut, die Idee eines territorial »saturierten« Deutschland aufzugeben und sich der vermeintlichen Vorrechte eines »Herrenvolks« zu erinnern. Zum Ausdruck kam dies etwa in einem 1896 veröffentlichten Beitrittsaufruf des Alldeutschen Verbands. Demnach verfolgte der Verband die Absicht, »den Massen unseres Volkes die Ueberzeugung beizubringen, daß die deutsche Entwickelung [sic!] mit dem Jahre 1870/71 noch lange nicht zum Abschluß gelangt« sei. Das deutsche Volk sei »nicht minder als andere Kulturvölker berechtigt und verpflichtet […], als ein Herrenvolk an der Leitung der Geschicke der ganzen Welt teilzunehmen«.

Das Selbstverständnis, einem »Herrenvolk« anzugehören, war auch außerhalb der völkischen Bewegung vorhanden, häufig jedoch mit kritischer Distanz zu dem rassistisch-chauvinistischen Begriffsverständnis der Völkischen. In der Rede Gegen die alldeutsche Gefahr hob etwa Max Weber am 5. 11. 1917 in München hervor: »Wir wollen Weltpolitik treiben, aber dazu ist nur ein Herrenvolk fähig, nicht ein Herrenvolk im Sinne der alldeutschen Parvenüphrase, sondern ganz einfach ein Volk, das die Kontrolle seiner Verwaltung fest in der Hand hält.« Im Zweiten Weltkrieg diente die »Herrenvolk«-Ideologie schließlich zur Legitimation einer menschenverachtenden Besatzungspolitik, vor allem in Osteuropa. So betonte Reichskommissar Erich Koch am 5. 3. 1943 gegenüber NS-Funktionären in Kiew: »Wir sind ein Herrenvolk, das bedenken muß, daß der geringste deutsche Arbeiter rassisch und biologisch tausendmal wertvoller ist als die hiesige Bevölkerung.«

Vgl. Grell, Verband, Zitat S. 7; Liebig, Betrug, S. 162 – 164; Weber, Gesamtausgabe, Bd. I/15, Zitat S. 727; Meindl, Gauleiter, Zitat S. 339.

des Blutes begründet liegt und besonders in gefahrdrohenden Momenten Nationen vor dem Untergang bewahrt, insoferne bei solchen Völkern dann alle kleineren inneren Unterschiede sofort zu verschwinden pflegen und dem gemeinsamen Feinde die geschlossene Front einer einheitlichen Herde gegenübertritt. In dem Nebeneinander unserer unvermischt gebliebenen rassischen Grundelemente verschiedenster Art liegt das begründet, was man bei uns mit dem Wort Überindividualismus bezeichnet. In friedlichen Zeitläuften mag er manchmal gute Dienste leisten, alles in allem genommen aber hat er uns um die Weltherrschaft gebracht. Würde das deutsche Volk in seiner geschichtlichen Entwicklung jene herdenmäßige Einheit besessen haben, wie sie anderen Völkern zugute kam, dann würde das Deutsche Reich heute wohl#1944: eingefügt: die Herrin des Erdballs sein. Die Weltgeschichte hätte einen anderen Lauf genommen, und kein Mensch vermag zu entscheiden, ob nicht dann#1929: nicht dann ersetzt durch: dann nicht auf diesem Wege eingetroffen wäre, was so viele verblendete Pazifisten40 heute durch Winseln und Flennen zu erbetteln hoffen: Ein#1937: Ein ersetzt durch: ein Friede, gestützt nicht durch die Palmwedel tränenreicher pazifistischer Klageweiber, sondern begründet durch das siegreiche Schwert eines die Welt in den Dienst einer höheren Kultur nehmenden Herrenvolkes.41

Die Tatsache des Nichtvorhandenseins eines blutsmäßig einheitlichen Volkstums hat über#1929: gestrichen: über uns unsägliches Leid gebracht. Sie hat vielen kleinen deutschen Potentaten Residenzen geschenkt, dem deutschen Volk aber das Herrenrecht entzogen.

Auch heute noch leidet unser Volk unter dieser inneren Zerrissenheit; allein, was#1929: eingefügt: uns in Vergangenheit und Gegenwart uns#1929: gestrichen: uns Unglück brachte, kann für die Zukunft unser Segen sein. Denn so schädlich es auf der einen Seite auch war, daß eine restlose Vermischung unserer ursprünglichen Rassenbestandteile#1939: Rassenbestandteile ersetzt durch: Rassebestandteile unterblieb und dadurch die Bildung eines einheitlichen Volkskörpers verhindert wurde, so glücklich war es auf der anderen, als hiedurch#1930: hiedurch ersetzt durch: hierdurch wenigstens ein Teil unseres besten Blutes rein erhalten blieb und der rassischen Senkung entging.42