Band II, Einleitung 8. Kapitel
Während die ersten sieben Kapitel des zweiten Bands von Mein Kampf vor allem grundsätzliche (partei-)politische, programmatische und ideologische Fragen sowie die Geschichte der NSDAP behandeln, beschäftigt sich Kapitel II/8 vor allem mit den damals aktuellen Auseinandersetzungen innerhalb der völkischen Bewegung. Im Vordergrund stand dabei der Streit mit dem norddeutschen Konkurrenten der NSDAP, der Deutschvölkischen Freiheitspartei (DVFP).2 Seit der Neugründung der NSDAP Ende Februar 1925 war Hitlers Verhältnis zu den völkischen Gruppen in Norddeutschland sehr gespannt. Im Februar 1926 kam es dann zum offenen Bruch: Hitler sprengte am 24. Februar 1926 eine Kundgebung von Anton Drexlers neu gegründetem Nationalsozialen Volksbund im Münchner Hofbräuhaus, auf der als Vertreter der norddeutschen Deutschvölkischen Freiheitsbewegung Albrecht von Graefe und Ernst Graf zu Reventlow hätten sprechen sollen.3 Dabei hatte sich Graefe im November 1923 noch an Hitlers Putschversuch beteiligt. Nichtsdestotrotz feierte der Völkische Beobachter die Verhinderung der Kundgebung als großen Sieg über die »Feinde«, was dann im März 1926 zu einem heftigen publizistischen Schlagabtausch zwischen Reventlow, Graefe und Hitler führte.4 Immer wieder bezieht sich Hitler im vorliegenden Kapitel auf die »völkische Zersplitterung«5, die in seiner Sicht jede Ablehnung von Kompromissen und Koalitionen rechtfertigt. Dass er dabei Julius Streicher als Beispiel treuer Gefolgschaft aufführt, war ein offener Affront, da Streicher 1924/25 stets gegen die norddeutschen Völkischen polemisierte.6 Ob Hitler unmittelbar nach den öffentlichen Auseinandersetzungen des Jahres 1926 mit der Abfassung des Kapitels begann, lässt sich nicht klären, doch lag es spätestens im Herbst 1926 fertig vor. Zahlreiche Überlegungen daraus flossen bereits in seine Rede vor dem Völkischen Führerring Thüringen am 20. Oktober 1926 ein, in der er sich ausführlich mit der Zersplitterung der völkischen Bewegung beschäftigte.7 Das Kapitel dürfte also im Wesentlichen im Frühjahr und Sommer 1926 entstanden sein.8