Das Heer als letzte und höchste Schule <span class="pagenumber">[48]</span>

108 Die Forderung, Gesundheitszeugnisse als Voraussetzung für rechtskräftige Eheschließungen einzuführen, war seit der Jahrhundertwende verbreitet. Vertreten hatte sie schon der Arzt Wilhelm Schallmayer in seiner 1903 veröffentlichten Preisschrift Vererbung und Auslese im Lebenslauf der Völker. Nach 1918 war das Konzept der Gesundheitszeugnisse fester Bestandteil familienpolitischer Debatten und fand Eingang in die am 26. 2. 1920 veröffentlichten »Leitsätze« des Reichsgesundheitsrats. Demnach sollten zum »Wiederaufbau des deutschen Volkes« und zur »Verhütung einer Rassenverschlechterung« beide »Ehebewerber« bei ihrer standesamtlichen Meldung zur Ehe zwangsweise ein »ärztliches Zeugnis über den Gesundheitszustand« vorlegen und gegenseitig durch Unterschrift bestätigen. Im Dritten Reich wurden entsprechende Forderungen im Gesetz zum Schutze der Erbgesundheit des deutschen Volkes vom 18. 10. 1935 realisiert. Vor der Eheschließung mussten die Verlobten künftig »durch ein Zeugnis des Gesundheitsamtes« nachweisen, an keiner »mit Ansteckungsgefahr verbundenen Krankheit« zu leiden, »die eine erhebliche Schädigung der Gesundheit des anderen Teiles oder der Nachkommen befürchten« lasse. Die Verlobten durften außerdem keine »Erbkrankheit« aufweisen, nicht entmündigt sein und an keiner »geistigen Störung leide[n], die die Ehe für die Volksgemeinschaft unerwünscht erscheinen« lasse.

Vgl. Schallmayer, Vererbung (1903), S. 348 – 353; RGBl. 1935/I, Zitat S. 1246; Soden, Sexualberatungsstellen, Zitat S. 166 f.

heute gleichgültig sein, das wesentliche#1937: wesentliche ersetzt durch: Wesentliche ist, daß er’s tut und die Wege sucht, die dem nützen. Der völkische Staat wird genau so wie die geistige Erziehung auch die körperliche Ausbildung der Nachschulzeit als staatliche Aufgabe betrachten müssen und durch staatliche Einrichtungen durchzuführen haben. Dabei kann diese Erziehung in großen Zügen schon die Vorbildung für den späteren Heeresdienst sein. Das Heer soll dann dem jungen Manne#1944: Manne ersetzt durch: Mann nicht mehr wie bisher die Grundbegriffe des einfachsten Exerzierreglements105 beizubringen haben, es wird auch nicht Rekruten im heutigen Sinne zugeführt erhalten, es soll vielmehr den körperlich bereits tadellos vorgebildeten jungen Menschen nur mehr in den Soldaten verwandeln.

Im völkischen Staat soll also das Heer nicht mehr dem einzelnen#1930: einzelnen ersetzt durch: Einzelnen Gehen und Stehen beibringen, sondern es hat als#1930: gestrichen: als; 1937: wieder eingefügt: als die letzte und höchste Schule vaterländischer Erziehung zu gelten.106 Der junge Rekrut soll im Heere die nötige Waffenausbildung erhalten, er soll aber zugleich auch weitergeformt werden für sein sonstiges späteres Leben. An der Spitze der militärischen Erziehung aber hat das zu stehen, was schon dem alten Heer als höchstes Verdienst angerechnet werden mußte: In dieser Schule soll der Knabe zum Mann gewandelt werden; und in dieser Schule soll er nicht nur gehorchen lernen, sondern dadurch auch die Voraussetzung zum späteren Befehlen erwerben. Er soll lernen zu schweigen, nicht nur, wenn er mit Recht getadelt wird, sondern soll auch lernen, wenn nötig, Unrecht schweigend zu ertragen.

Er soll weiter, gefestigt durch den Glauben an seine eigene Kraft, erfaßt von der Stärke des gemeinsam empfundenen Korpsgeistes, die Überzeugung von der Unüberwindlichkeit seines Volkstums gewinnen.

Nach Beendigung der Heeresdienstleistung sind ihm zwei Dokumente auszustellen: sein Staatsbürgerdiplom als Rechtsurkunde107, die ihm nunmehr öffentliche Betätigung gestattet und sein Gesundheitsattest als Bestätigung körperlicher Gesundheit, für die Ehe.108