Einleitung 3. Kapitel

1 Am 7. 4. 1925 ersuchte Hitler das österreichische Generalkonsulat in München offiziell darum, aus der österreichischen Staatsbürgerschaft entlassen zu werden. Das österreichische Außenministerium entsprach dieser Bitte am 30. 4. 1925. Dadurch wurde Hitler de facto staatenlos. Sämtliche während und nach seiner Festungshaft unternommenen Versuche der bayerischen Staatsregierung, Hitler wegen seines Putschversuchs vom 9. 11. 1923 auszuweisen, waren zuvor erfolglos geblieben. Ausschlaggebend war hier der Widerstand der österreichischen Regierung unter Bundeskanzler Ignaz Seipel, die sich konsequent weigerte, Hitler aufzunehmen. Als Begründung diente Hitlers Militärdienst in der bayerischen Armee während des Ersten Weltkriegs, durch den er bereits die österreichische Staatsbürgerschaft verloren habe. Schon im September 1924 hatte die Wiener Regierung die österreichischen Grenzbehörden angewiesen, Hitler im Fall einer vorzeitigen Haftentlassung die Einreise zu verweigern. Dieses Einreiseverbot wurde erst im August 1932 wieder aufgehoben.

Vgl. Watt, Bemühungen; Joachimsthaler, Weg, S. 107 f.; Plöckinger, Geschichte, S. 56 – 58, 73 – 75.

2 Hitler wurde am 25. 2. 1932 zum »Regierungsrat beim Landeskultur- und Vermessungsamt der Braunschweigischen Gesandtschaft in Berlin« ernannt. Mit diesem Amt erhielt er auch die deutsche Staatsbürgerschaft, die Voraussetzung für seine Kandidatur bei der Reichspräsidentenwahl am 13. 3. 1932 war. Bei der Wahl erhielt Hitler 30,2 % der Stimmen, unterlag letztlich jedoch gegen Paul von Hindenburg. Seine Scheintätigkeit im braunschweigischen Staatsdienst wurde Hitler durch Dietrich Klagges ermöglicht, der 1925 in die NSDAP eingetreten war und seit September 1931 als Braunschweigischer Staatsminister für Inneres und Volksbildung amtierte. Abgesehen von einigen Urlaubsanträgen sind keine Aktivitäten Hitlers in seiner Funktion als Regierungsrat bekannt. Am 8. 11. 1932 wurde er schließlich auf eigene Initiative unbefristet und unter Verzicht auf weitere Gehaltszahlung beurlaubt. Am 16. 2. 1933 ersuchte Hitler endgültig um Entlassung aus dem Amt, die ihm mit sofortiger Wirkung gewährt wurde.

Vgl. Morsey, Hitler; Overesch, Einbürgerung, Zitat S. 543; Kershaw, Hitler, Bd. 1, S. 453 – 458; Kap. II/10, Anm. 153.

3. Kapitel
Staatsangehöriger und Staatsbürger

Das vorliegende Kapitel ist nicht nur das kürzeste des gesamten Buchs; auf‌fallend und ungewöhnlich ist auch, dass Hitler in ihm sehr viel konkreter argumentiert. Wahrscheinlich ist das Kapitel bereits deutlich früher entstanden, zumal Hitler gleich in den ersten Sätzen die Lage von »Staatenlosen« und damit auch seine eigene anspricht. Am 30. April 1925 hatte er die österreichische Staatsbürgerschaft abgelegt, um eine Abschiebung nach Österreich zu verhindern.1 Die angestrebte deutsche Staatsbürgerschaft erhielt er jedoch erst im Februar 1932, nachdem einige vorangegangene Versuche gescheitert waren.2 Dass Kapitel II/3 noch im Umfeld des ersten Bands entstanden ist, unterstreicht auch Hitlers Bezug auf die im Mai 1924 in den USA erlassenen Einbürgerungsbestimmungen.3 Diese orientieren sich stark am Prinzip der ethnischen Herkunft und waren durch den amerikanischen Rassentheoretiker Madison Grant beeinflusst worden. Dessen 1916 veröffentlichte Studie The Passing of the Great Race or The Racial Basis of European History erschien 1925 im völkischen Julius-Lehmann-Verlag in München unter dem Titel Der Untergang der großen Rasse. Das Buch, das eindringlich vor »rassisch minderwertigen Einwanderscharen«4 warnt, hatte Hitler eingehend studiert.5

3. KapitelStaatsangehöriger und Staatsbürger

3. Kapitel
Staatsangehöriger und Staatsbürger