Leben ist Kampf <span class="pagenumber">[306]</span>

39 Der Begriff »Rasse« war stets vage und wurde daher oft willkürlich verwendet. Charles Darwin stellte bereits 1871 fest, je nach Autor würde zwischen zwei und 63 verschiedenen Menschenrassen unterschieden werden. 1911 schrieb Werner Sombart in seinem Buch Die Juden und das Wirtschaftsleben: »Wir haben fast so viel[e] Definitionen des Begriffes ›Rasse‹, wie wir Gelehrte haben, die von ihm sprechen. Nun steht es natürlich jedermann frei, zu sagen: das nenne ich Rasse, und wenn das Rasse ist, was ich so und so gekennzeichnet habe, dann sind die Juden eine Rasse, oder sie sind keine Rasse. Daß dieses Verfahren ein je nach dem Grad von Bösartigkeit oder Dummheit dessen, der sich seiner bedient, mehr oder weniger harmloses Spiel ist, liegt auf der Hand.« Im Gegensatz zu Autoren wie Hans F. K. Günther, der sich ausdrücklich um eine Definition von »Rasse« bemühte, machten sich manche Rassenideologen nicht einmal die Mühe einer Begriffsbestimmung. So beantwortete etwa Houston Stewart Chamberlain die selbst gestellte Frage, ob es unterschiedliche Rassen gebe, mit der Aussage: »Wir kehren den Spiess um und sagen: dass es welche [Rassen] giebt, ist evident; dass die Qualität der Rasse entscheidende Wichtigkeit besitzt, ist eine Thatsache der unmittelbaren Erfahrung«.

Vgl. Darwin, Abstammung, Bd. 1, S. 199; Chamberlain, Grundlagen, Bd. 1, Zitate S. 320, 322; Sombart, Juden, Zitat S. 349 (Herv. i. Orig.); Günther, Rassenkunde (1923), S. 11 – 21; Hetzel, Anfechtung, S. 30 f.

40 Völkische Autoren waren sich über den Zusammenhang von »Rasse« und Kultur einig. Ludwig Woltmann schrieb 1904, es sei »nachgerade ein Gemeinplatz«, dass »die Rassenunterschiede in der Entwicklung höherer geistiger Kultur den entscheidenden Faktor bilden«. Dabei könne kein Zweifel bestehen, »daß die großgewachsene, blonde, hellhäutige Nordlandrasse überall das Fundament zu derjenigen Kulturhöhe gelegt hat, die man als Vollkultur bezeichnet«. Zwar besäßen auch die »mittelländische Rasse« und die »mongolische Rasse« eine »nicht geringe Kulturfähigkeit«; aber die »nordische Rasse« bzw. die »Arier« hätten als Einzige »in allen ihren Zweigen die oberste Stufe der Civilisation erreicht«. Den Begriff »Kultur« definierten völkische Autoren dabei unterschiedlich. Paul de Lagarde schrieb: »Kultur ist die Gesammtheit [sic!] des irdischen Materials, des dauernd erworbenen Könnens und der festgewonnenen Einsicht früherer Zeiten, mit welcher die Menschheit, die Nationen, die Einzelnen arbeiten.« Houston Stewart Chamberlain meinte dagegen: »Kultur hat mit Technik und Wissensmenge nichts zu tun; sie ist ein innerer Zustand des Gemütes, eine Richtung des Denkens und Wollens […].« Konkret umfasste für ihn der Begriff »Kultur« die »Weltanschauung (einschliesslich Religion und Sittenlehre)« sowie die Kunst. Indessen hat nicht erst die moderne anthropologische Forschung festgestellt, dass es keinen Zusammenhang zwischen »Rasse« und Kultur gibt. Bereits 1922 schrieb Felix von Luschan: »Die trennenden Eigenschaften der sog. ›Rassen‹ sind im wesentlichen durch klimatische, soziale und andere Faktoren der Umwelt entstanden.«

Vgl. Lagarde, Schriften, Zitat S. 127; Woltmann, Rassenpsychologie, Zitate S. 350 f. (Herv. i. Orig.); Chamberlain, Grundlagen, Bd. 2, Zitat S. 870; Chamberlain, Weltanschauung (1905), Zitat S. 82; Luschan, Völker, Zitat S. 187; Smedley, Race, S. 697.

43 Obwohl »Rasse« im Dritten Reich ein zentrales Schlüsselwort wurde, welches das gesellschaftliche und politische Leben entscheidend mitbestimmte, herrschte – wie bereits einige 1933/34 entstandene Schriften zur »Rassenfrage« belegen – Uneinigkeit über die Definition des Begriffs wie auch über die Zahl der verschiedenen Rassen in Deutschland und Europa. So gingen vor allem in der Frage, ob es eine eigenständige »jüdische Rasse« gebe, die Meinungen weit auseinander. Hinsichtlich der verschiedenen »Rassen« in Deutschland folgten die meisten Autoren den Definitionen von Hans F. K. Günther und übernahmen dessen Einteilung in sechs unterschiedliche Hauptrassen. Dabei wurden die Juden nicht mitgezählt, denn »der aus dem Osten eingewanderte Jude [gehört] rassenmäßig noch lange nicht zum deutschen Volke, wenn er die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt und einen jüdischen Namen gegen einen deutschen vertauscht«. Gleichwohl gab es auch Abweichungen von Günthers Auffassungen: Der Düsseldorfer Regierungs und Medizinalrat a. D. Robert Lehmann etwa bezweifelte in seiner Rassenfibel, dass es sich bei der von Günther beschriebenen »fälischen Rasse« um eine »eigene, abgeschlossene Rasse« handle. Und der Göttinger Arzt und Anthropologe Karl Saller sprach sich gegen die unter Rassenforschern vorherrschende Auffassung aus, es gebe keine »deutsche Rasse«, sondern nur verschiedene Rassen innerhalb Deutschlands. »Auch die deutsche Rasse«, so Saller 1934, »ist nur eine Rasse neben anderen Rassen. Aber: Sie ist eine Rasse. […] Wir werden das Recht unserer Rasse zwischen den anderen Rassen fordern und vertreten. Wir werden aber auch unsere Rasse mit den anderen Rassen in die höhere Gemeinschaft eingliedern, die den europäischen Völkern der Geist des Christentums brachte.« Solche und ähnliche Äußerungen Sallers, die der NS-Ideologie widersprachen, führten nicht nur zum Verbot einiger seiner Schriften, sondern im Januar 1935 auch zum Entzug seiner Lehrbefugnis.

Vgl. Kuhn/ Kranz, Ahnen, S. 19 – 26, Zitat S. 19; Lehmann, Rassenfibel, Zitat S. 43; Saller, Weg, Zitat S. 60 f.; Schaefer, Rassebüchlein, S. 5 – 7; Lüddecke, Rassenhygiene, S. 86 f.; Essner, Gesetze, S. 61 – 75; Schmuhl, Rasse, S. 22; Schmitz-Berning, Vokabular, S. 481 – 491; Kaiser, Grenzverwirrungen, S. 320 f.; Kap. II/2, Anm. 36.

bedingung zu allem menschlichen Fortschritt und verbleibt# 1930: Fortschritt und verbleibt ersetzt durch: Fortschritt. Er begibt sich in der Folge dann# 1930: gestrichen: dann , belastet mit der Empfindsamkeit# 1933: Empfindsamkeit ersetzt durch: Empfindlichkeit des Menschen, im# 1930: im ersetzt: ins [sic!] Bereich des hilflosen Jammers der Tiere# 1930: Jammers der Tiere ersetzt durch: Tieres .

Es ist ein müßiges Beginnen, darüber zu streiten, welche Rasse oder Rassen39 die ursprünglichen Träger der menschlichen Kultur# 1926: eingefügt: waren und damit die wirklichen Begründer dessen, was wir mit dem Worte »Menschheit«# 1926: »Menschheit« ersetzt durch: Menschheit alles umfassen, waren# 1926: umfassen, waren ersetzt durch: umfassen .40 Einfacher ist es, sich diese Frage für die Gegenwart zu stellen, und hier ergibt sich auch die Antwort leicht und deutlich. Was wir heute an menschlicher Kultur, an Ergebnissen von Kunst, Wissenschaft und Technik vor uns sehen, ist nahezu ausschließlich schöpferisches Produkt des Ariers.41 Gerade diese Tatsache aber läßt den nicht unbegründeten Rückschluß zu, daß er allein der Begründer höheren Menschentums überhaupt war, mithin den Urtyp dessen darstellt, was wir unter dem Worte »Mensch« verstehen. Er ist der Prometheus42 der Menschheit, aus dessen lichter Stirne der göttliche Funke des Genies# 1939: Genies ersetzt durch: Genius;
1944: Genies zu allen Zeiten hervorsprang, immer von neuem jenes Feuer entzündend, das als Erkenntnis die Nacht der schweigenden Geheimnisse aufhellte und den Menschen so den Weg zum Beherrscher der anderen Wesen dieser Erde emporsteigen ließ. Man schalte ihn aus – und tiefe Dunkelheit wird vielleicht schon nach wenigen Jahrtausenden sich abermals auf die# 1939: die ersetzt durch: diese;
1944: die Erde senken, die menschliche Kultur würde vergehen und die Welt veröden.

Würde man die Menschheit in drei Arten einteilen: in Kulturbegründer, Kulturträger und Kulturzerstörer, dann käme als Vertreter der ersten wohl nur der Arier in Frage. Von ihm stammen die Fundamente und Mauern aller menschlichen Schöpfungen, und nur die äußere Form und Farbe sind# 1944: sind ersetzt durch: ist bedingt durch die jeweiligen Charakterzüge der einzelnen Völker. Er liefert die gewaltigen Bausteine und auch# 1926: gestrichen: auch Pläne zu allem menschlichen Fortschritt, und nur die Ausführung entspricht dann# 1926: gestrichen: dann der Wesensart der jeweiligen Menschen und# 1926: gestrichen: Menschen und Rassen.43 In wenigen Jahrzehnten wird zum Beispiel der ganze Osten Asiens eine Kultur sein eigen nennen, deren letzte