Band I, Kapitel 3
stehen konnte; denn einige der Herren sprachen nicht deutsch# 1939: deutsch ersetzt durch: Deutsch , sondern in ihren slawischen Muttersprachen oder besser Dialekten.75 Was ich bis dahin nur aus dem Lesen der Zeitungen wußte, hatte ich nun Gelegenheit, mit meinen eigenen Ohren zu hören. Eine gestikulierende, in# 1944: in ersetzt durch: mit allen Tonarten durcheinander schreiende# 1937: durcheinander schreiende ersetzt durch: durcheinanderschreiende;
1939: durcheinander schreiende;
1944: durcheinanderschreiende , wildbewegte Masse, darüber einen harmlosen alten Onkel76, der sich nun# 1926: gestrichen: nun im Schweiße seines Daseins# 1937: Daseins ersetzt durch: Angesichts;
1939: Daseins;
1944: Angesichts bemühte, durch heftiges Schwingen einer Glocke und bald begütigende, bald ermahnende ernste Zurufe die Würde des Hauses wieder in Fluß zu bringen.77
Ich mußte lachen.
Einige Wochen später war ich neuerdings in dem Hause.78 Das Bild war nun# 1926: gestrichen: nun verändert, nicht zum Wiedererkennen. Der Saal war# 1926: war ersetzt durch: ganz leer. Man schlief da unten. Einige Abgeordnete waren auf ihren Plätzen und gähnten sich gegenseitig an, einer »redete«. Ein Vizepräsident des Hauses war anwesend und sah ersichtlich gelangweilt in den Saal.
Die ersten Bedenken stiegen mir auf. Nun lief ich, wenn mir die Zeit nur irgendwie die Möglichkeit bot, immer wieder hin und betrachtete mir still und aufmerksam das jeweilige Bild, hörte die Reden an, soweit sie zu verstehen waren, studierte die mehr oder minder intelligenten Gesichter dieser Auserkorenen79 der Nationen dieses traurigen Staates – und machte mir dann allmählich meine eigenen Gedanken.
Ein Jahr dieser ruhigen Beobachtung genügte, um meine frühere Ansicht über das Wesen dieser Institution aber auch restlos zu ändern oder zu beseitigen.80 Nun nahm mein Inneres nicht# 1926: Nun nahm mein Inneres nicht ersetzt durch: Mein Inneres nahm nicht mehr Stellung gegen die mißgestaltete Form, die dieser Gedanke in Österreich angenommen hatte; nein, nun konnte ich das Parlament als solches nicht mehr anerkennen. Bis dahin sah ich das Unglück des österreichischen Parlaments im Fehlen einer deutschen Majorität, nun aber sah ich das Verhängnis in der ganzen Art und dem Wesen dieser Einrichtung überhaupt.
Eine ganze Reihe von Fragen stieg mir damals auf.
Ich begann mich mit dem demokratischen Prinzip der Mehrheitsbestimmung, als der Grundlage dieser ganzen Einrichtung, vertraut zu machen, schenkte aber auch nicht weniger Aufmerksamkeit den