Aufgabe der Schutztruppe <span class="pagenumber">[183]</span>

147 Der Gummiknüppel war als neue, nichtletale Waffe nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in Deutschland weitverbreitet – sowohl bei der Polizei als auch bei paramilitärischen Gruppen. Hatte die Polizei im Kaiserreich noch die gefürchteten »Blankwaffen« geführt, so wurden diese seit 1919 durch Knüppel aus Teil- oder Vollgummi ersetzt. Vorbild dafür war der »Friedensstab« aus Holz, den die Bürgerwehren während der Revolution 1848/49 getragen hatten. Gleichzeitig begannen sich die zahllosen paramilitärischen Gruppierungen, die nach 1918 in Deutschland entstanden, mit Schlagstöcken aus Holz und Gummi zu bewaffnen. Besonders bekannt dafür wurde Richard Kunze, Führer des antisemitischen Berliner Ausschusses für Volksaufklärung und 1921 Gründer der Deutschsozialen Partei (DsP), der einen Vertrieb von Gummiknüppeln organisierte und daher den Spitznamen »Knüppelkunze« erhielt. Bekannt für ihre »Gummiknüppelmethoden« – so die Münchener Post 1921 – waren auch SA und NSDAP. Am 28. 11. 1922 instruierte der Vorsitzende der Sektion München-Neuhausen die Parteimitglieder: »Ihr braucht den Gummiknüttel gar nicht so tragen, dass man ihn sieht. Wenn ihr ihn aber zeigt, dann auch so, dass man ihn Euch nicht abnehmen kann. Wer sich seinen Gummiknüttel doch abnehmen lässt, ist kein richtiger Nationalsozialist! (Grosser Beifall und vergnügtes Schmunzeln!).« Dessen ungeachtet galt der Gummiknüppel in der radikalen politischen Polemik immer wieder als Symbol eines angeblich repressiven Polizeistaats. Im Dritten Reich wurde der Gummiknüppel als Symbol der »Systemzeit« tatsächlich abgeschafft, gleichzeitig aber legitimierte Hermann Göring als Ministerpräsident von Preußen mit seiner Bemerkung, »[...] jede Kugel, die jetzt aus dem Laufe einer Polizeipistole geht, ist meine Kugel«, einen hemmungslosen Gebrauch der Schusswaffe.

Vgl. StA München, Pol. Dir. München, 6698: Bericht von 25. 8. 1920; StA München, Pol. Dir München. 6697: Bericht vom 29. 11. 1922; Münchener Post vom 5. 11. 1921, »Eine gesprengte Hitlerversammlung«; IMT, Bd. 30, Dok. 2324 – PS, Zitat S. 178; Kruppa, Rechtsradikalismus, S. 100 – 103; Sturm, Geschichte; Breuer, Völkischen, S. 176 f.

Ihr freikorpsartiger Charakter war nur begründet durch die Art ihrer Bildung und durch den Zustand des damaligen Staates, keineswegs aber kommt ihnen ein solcher Titel etwa zu, als freie Formationen des Kampfes für eine freie, eigene Überzeugung. Diese besaßen sie trotz aller oppositionellen Haltung einzelner Führer und ganzer Verbände gegen die Republik dennoch nicht. Denn, es genügt nicht, von der Minderwertigkeit eines bestehenden Zustandes überzeugt zu sein, um von einer Überzeugung im höheren Sinne sprechen zu können, sondern diese wurzelt nur in dem Wissen von einem neuen Zustand und im inneren Erschauen eines Zustandes, den zu erreichen man als Notwendigkeit empfindet, und für dessen Verwirklichung sich einzusetzen man als höchste Lebensaufgabe ansieht.

Das unterscheidet die Ordnertruppe der damaligen nationalsozialistischen Bewegung grundsätzlich von allen Wehrverbänden, daß sie nicht im geringsten eine Dienerin der durch die Revolution geschaffenen Zustände war oder sein wollte, sondern daß sie vielmehr ausschließlich für ein neues Deutschland rang.145

Diese Ordnertruppe besaß allerdings anfangs nur den Charakter eines Saalschutzes. Ihre erste Aufgabe war eine beschränkte: sie bestand in der Ermöglichung der Abhaltung von Versammlungen, die ohne sie glatt vom Gegner verhindert worden wären.146 Sie war schon damals erzogen worden zum blindlings auszuführenden Angriff, aber nicht etwa, weil sie, wie man in dummen deutschvölkischen Kreisen daherredete, den Gummiknüttel 147 als höchsten Geist verehrte, sondern weil sie begriff, daß der größte Geist ausgeschaltet werden kann, wenn sein Träger von einem Gummiknüttel erschlagen wird 148, wie tatsächlich in der Geschichte nicht selten die bedeutendsten Köpfe unter den Hieben kleinster Heloten 149 endeten. Sie wollte nicht die Gewalt als das Ziel hinstellen, sondern die Verkünder des geistigen Ziels vor der Bedrängung durch Gewalt schützen. Und sie hat dabei begriffen, daß sie nicht verpflichtet ist, den Schutz eines Staates zu übernehmen, der der Nation keinen Schutz gewährt, sondern daß sie