Band II, Einleitung 14. Kapitel
Wie im vorausgehenden Kapitel Deutsche Bündnispolitik nach dem Kriege steht auch in diesem die Außenpolitik im Mittelpunkt. Plante Hitler schon in der ersten Entstehungsphase von Mein Kampf eine Auseinandersetzung mit der »Außen- und Innenpolitik der Republik«, wie es in einem Werbeflugblatt vom Juni 1924 hieß, so fehlen jedoch Hinweise darauf, dass dabei auch Fragen des künftigen Verhältnisses zur Sowjetunion angesprochen werden sollten.1 Aufgrund der politischen Brisanz des Themas, auf die Hitler übrigens selbst in den ersten Zeilen des Kapitels eingeht, ist allerdings anzunehmen, dass er schon früh an einer solchen Stellungnahme arbeitete. Bereits im Kapitel München (I/4) hatte er sich im Rückblick auf die Außenpolitik des Kaiserreichs damit beschäftigt. Im Februar 1926 kündigte Hitler dann in seiner Broschüre Die Südtiroler Frage und das Deutsche Bündnisproblem an, demnächst auch seine Darstellungen »unseres Verhältnisses zu Russland« als eigenständige Schrift zu publizieren.2 Der entsprechende Text dürfte zu diesem Zeitpunkt weitgehend fertiggestellt gewesen sein. Erschienen ist die angekündigte Broschüre allerdings nicht mehr, da mit der Zerschlagung der innerparteilichen Opposition um Gregor Straßer und Joseph Goebbels im Laufe des Frühjahrs 1926 keine Notwendigkeit mehr dazu bestand.3
Große Bekanntheit erlangte jene Passage aus diesem Kapitel, in der Hitler vom »ewigen Germanenzug« schrieb, den er wieder nach Osten weisen wolle. In der Kommunistischen Internationale wie in der Sowjetunion wurde diese Aussage seit 1932 zu einem festen Bestandteil der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der deutschen Außenpolitik.4 Auf dem 17. Parteitag der KPdSU(B) am 28. Januar 1934 verlas Nikolai Bucharin, damals noch Chefredakteur der Tageszeitung Iswestija, die Stelle und schloss daraus: »Hitler ruft damit offen auf, unseren Staat zu zerschlagen, Hitler spricht offen über die Eroberung mit dem Schwert von anscheinend notwendigem Territorium für das deutsche Volk aus den Ländern, die unsere Sowjetunion besitzt.«5 Auf dem 7. Weltkongress der Kommunistischen Internationale in Moskau (Juli/August 1935) sprachen verschiedene Referenten ebenfalls über diese Passage.6 Beachtung fand das Kapitel auch im deutschen Militär. Anfang 1942 hielt der Kommandierende General des VIII. Fliegerkorps Wolfram Freiherr von Richthofen, in seinem Tagebuch fest: »Lese wiederum einmal im ›Kampf‹ das Kapitel über Aussen- und Ostpolitik. Doch sehr interessant und auch in der heutigen Lage fast alle Fragen beantwortend. Werde für stärkere Betonung dieser Ausführungen bei der Truppe im ganzen Bereich sorgen.«7