Der Werdegang des Judentums <span class="pagenumber">[329]</span>

147 Trotz seiner Ausfälle gegen die Fürsten stand Hitler der entschädigungslosen Enteignung des fürstlichen Vermögens, das während der Novemberrevolution 1918 beschlagnahmt worden war, ablehnend gegenüber. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatte die KPD-Fraktion am 25. 11. 1925 im Reichstag eingebracht. Eine Woche später forderte sie die SPD und mehrere Arbeiterverbände auf, einen Volksentscheid zur Fürstenenteignung zu unterstützen. Nach anfänglichem Zögern kooperierte die SPD, und gemeinsam reichten beide Parteien am 25. 1. 1926 einen Antrag auf ein Volksbegehren zur entschädigungslosen Enteignung der Fürsten und auf einen entsprechenden Gesetzentwurf beim Reichsminister des Innern ein. Dieser setzte für die Zeit vom 4. – 17. 3. 1926 ein Volksbegehren an, bei dem die notwendige Stimmenanzahl weit übertroffen wurde, zumal sich auch viele Wähler bürgerlicher Parteien für die Fürstenenteignung aussprachen. Da der Reichstag den Gesetzentwurf im April 1926 jedoch ablehnte, wurde für den 20. 6. 1926 ein Volksentscheid anberaumt. Trotz großer Abstimmungsbeteiligung wurde die erforderliche absolute Mehrheit dabei nicht erreicht. Damit war die Initiative zur entschädigungslosen Enteignung der Fürsten gescheitert. Der linke Flügel der NSDAP um die Brüder Gregor und Otto Straßer polemisierte zwar gegen die »Verlogenheit« des »marxistischen Antrags«, befürwortet jedoch grundsätzlich die Fürstenenteignung. Hitler dagegen erklärte am 14. 2. 1926 auf der NSDAP-Führertagung in Bamberg, er würde die Fürstenenteignung nur unterstützen, wenn das eingezogene Vermögen dem deutschen Volk zugutekäme und nicht einem »jüdischen Ausbeutungssystem«. Dies sei in der »Novemberdemokratie« jedoch undenkbar.

Allerdings ließen die Nationalsozialisten auch im Dritten Reich die Hände von einer Fürstenenteignung. Gleichwohl hegte Hitler stets tiefes Misstrauen gegenüber den deutschen Fürsten und äußerte sich in den folgenden Jahren immer wieder abfällig über sie. Am 19. 5. 1943 befahl er schließlich die »Fernhaltung international gebundener Männer von maßgebenden Stellen in Staat, Partei und Wehrmacht«. In dem entsprechenden Erlass heißt es: »Die Erfahrungen dieses Krieges haben mir eindeutig bewiesen, daß verwandtschaftliche Beziehungen deutscher Männer zu ausländischen Kreisen sehr leicht schädliche Folgen für das Gemeinwohl haben können. Insbesondere gilt das für die internationalen verwandtschaftlichen Verflechtungen regierender und ehemals regierender Fürstenhäuser.«

Vgl. Nationalsozialistische Briefe vom 15. 12. 1925, »Wir und die Fürstenabfindung«; Nationalsozialistische Briefe vom 1. 2. 1926, »Resolution der Arbeitsgemeinschaft Nordwest der N.S.D.A.P. zur Frage der Fürstenabfindung« (Zitat); Hitler, Reden, Bd. I, Dok. 101, 112, 115, Zitate S. 296; Hitler, Monologe, S. 133 f., 389 f.; Moll (Hrsg.), Führer-Erlasse, Dok. 248, Zitate S. 337; Schüren, Volksentscheid, bes.S. 154 – 158; Horstmann, Volksentscheid; Kaufhold, Fürstenabfindung; Omland, Volk; Kap. II/10, Anm. 56.

148 Das Gleichnis vom angeblichen Bündnis der Fürsten mit dem Teufel benutzte schon Werner Sombart: »Aber wenn wir auch unter den Regierenden des modernen Staates keine Juden finden, so können wir uns diese Regierenden, können wir uns den modernen Fürsten nicht gut ohne den Juden denken. (Etwa wie Faust nicht ohne den Mephistopheles.) […] Der Jude verkörpert den modernen Kapitalismus und der Fürst verbindet sich dieser Macht, um seine Stellung zu erobern oder zu erhalten.« Und im Schlusswort von Theodor Fritschs Handbuch der Judenfrage heißt es: »In der Tat war es die Kurzsichtigkeit und Habsucht der Fürsten, die den Völkern die Judenplage auflud und das Judenunwesen begünstigte. Das schmähliche Ende der Monarchie ist leider kein unverdientes. Fürsten, die mit Hebräern Arm in Arm gingen und sich an deren Geschäften beteiligen ließen, mußten ihren Völkern zum Verhängnis werden.«

Vgl. Fritsch (Hrsg.), Handbuch, Zitat S. 648; Sombart, Juden, Zitat S. 50.  Zum antisemitischen Vorwurf der »Verjudung« des deutschen Adels vgl. Kap. I/10, Anm. 46.

150 Hofjuden waren ein Phänomen des 16. bis 18. Jahrhunderts. Vor der Entstehung des öffentlichen Kreditwesens dienten sie den mitteleuropäischen absolutistischen Fürsten in den Bereichen Diplomatie, Finanzen und Handel. Ihre Etablierung ergab sich aus dem »herausragenden Bildungs-, Mobilitäts- und Wirtschaftspotential« der jüdischen Oberschicht und ihren im Vergleich zu christlichen Kaufleuten oft deutlich besseren Handelsverbindungen in fremde Länder. Das Alte Reich nahm dabei eine Sonderstellung ein; seine Situation nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) hatte zu einer vergleichsweise hohen Zahl an Hofjuden geführt und diese regelrecht institutionalisiert. So verfügten die Juden am Hof in einer Zeit, in der Juden nahezu überall in Europa vertrieben worden waren und ihre Wiederansiedlung verhindert wurde, über ein freies Ansiedlungs- sowie Reiserecht und nahmen teilweise großen – oftmals positiven Einfluss auf das Wirtschaftsleben. Selbst Werner Sombart räumte in seiner Schrift Die Juden und das Wirtschaftsleben ein, er »erblicke in den Juden […] die einflußreichsten Heereslieferanten und die leistungsfähigsten Geldgeber der Fürsten und glaube, diesem Umstande eine überragende Bedeutung für den Entwicklungsgang des modernen Staates zumessen zu sollen«.

Allerdings lebten die Hofjuden in existenzieller Abhängigkeit vom Hof. Fielen sie in Ungnade oder starb der Fürst, fiel ihr einzig effektiver Schutz weg; Besitz und Leben standen dann auf dem Spiel, wie etwa das Schicksal des bekanntesten Hofjuden zeigt: Joseph Süß Oppenheimer war Kaufmann und Finanzberater am Hof des Herzogs von Württemberg. Er sorgte für wirtschaftliche Modernisierungsprozesse und Mehreinnahmen in der Staatskasse und festigte dadurch die Macht des Herzogs. Nach dessen plötzlichen Tod wurde Oppenheimer verhaftet, sein Vermögen beschlagnahmt, schließlich wurde er zum Tode verurteilt und erhängt. Seine (verfälschte) Lebensgeschichte diente den Nationalsozialisten als Grundlage für den Hetzfilm Jud Süß, der von Veit Harlan produziert wurde und der ab 1940 in den deutschen Kinos zu sehen war. In der NS-Literatur wurden die Hofjuden immer wieder als Betrüger dargestellt, die sich durch Wucher und Münzfälschung bereichert hätten, so etwa in Peter Deegs umfangreicher antisemitischer Monografie Hofjuden (1938), die von Julius Streicher herausgegeben wurde.

Vgl. Sombart, Juden, Zitat S. 50 f.; Deeg, Hofjuden, S. 11, 13 f., 45, 98, 130 f.; Arns, Korrespondenzen, S. 119 – 126; Giesen/ Hobsch, Hitlerjunge, S. 256; Emberger/ Ries, Fall, S. 30 f., Zitat S. 31; Jud Süß, S. 13 – 46; Kellenbenz, Court Jews.

151 Ab 1871 durften Juden ihrer Religion entsagen, ohne dass sie zum Christentum übertraten. Seit den 1880er Jahren nahm die Zahl der Austritte zu, ebenso die der Taufen; besonders Letzteres kann als Folge des gesellschaftlichen Drucks verstanden werden (»Karrieretaufen«). Gerade in Wien ließen sich relativ viele Juden taufen – ein Ergebnis des dort herrschenden aggressiven Antisemitismus. Selbst getaufte Juden wurden allerdings häufig nicht vollständig in die christliche Gesellschaft integriert. Von jüdischer Seite wurden sie ohnehin mit Argwohn betrachtet, denn gerade orthodoxen Juden galt der Abfall vom Judentum als Verrat am Volk Israel, für den bereits in den biblischen Texten harte Strafen gefordert wurden – etwa im 5. Buch Mose (Dtn 17, 2 – 5) die Todesstrafe. Dass sich »Israel« über den »gelungenen Schwindel« der Konversion gefreut hätte, ist demzufolge völlig abwegig. Selbst im liberalen Judentum galten die Ab- und spätere Rückkehr zum Judentum nur als legitim, wenn der Abfall unter Zwang erfolgt war.

Vgl. Pulzer, Wiederkehr, S. 200; Richarz, Entwicklung, S. 20 – 22; Ben-Sasson/ Perlmann/ Noy, Apostasy; Homolka, Eherecht, S. 52. 

»lieben«# 1926: »lieben« ersetzt durch: lieben Völker, diese Herren, und finden ihre parallele Erscheinung# 1930: parallele Erscheinung ersetzt durch: Parallele nur in verschiedenen Ministern der heutigen Zeit.

Den deutschen Fürsten war# 1930: war ersetzt durch: ist es zu danken, daß die deutsche Nation sich von der jüdischen Gefahr nicht endgültig zu erlösen vermochte.147 Leider hat sich diese Tatsache# 1930: diese Tatsache ersetzt durch: darin auch später nicht# 1930: nicht ersetzt durch: nichts geändert, so daß ihnen vom Juden nur der tausendfach verdiente Lohn zuteil wurde für die Sünden, die sie an ihren Völkern einst verbrochen hatten# 1930: hatten ersetzt durch: haben . Sie haben# 1930: haben ersetzt durch: verbündeten sich mit dem Teufel verbündet# 1930: gestrichen: verbündet und sind# 1930: sind ersetzt durch: landeten bei ihm gelandet# 1930: gestrichen: gelandet .148

g) So führt seine Umgarnung der Fürsten zu deren Verderben. Langsam aber sicher lockert sich ihre Stellung zu den Völkern in dem Maße, in dem# 1926: in dem ersetzt durch: indem;
1933: in dem sie aufhören, den Interessen derselben zu dienen und statt dessen zu Nutznießern ihrer »Untertanen«# 1926: »Untertanen« ersetzt durch: Untertanen werden. Der Jude weiß ihr Ende genau und sucht es nach Möglichkeit zu beschleunigen. Er selber fördert ihre ewige Finanznot, indem er sie den wahren Aufgaben immer mehr entfremdet, in übelster Schmeichelei umkriecht, zu Lastern anleitet und sich dadurch immer unentbehrlicher macht.149 Seine Gewandtheit, besser Skrupellosigkeit, in allen Geldangelegenheiten versteht es, immer neue Mittel aus den ausgeplünderten Untertanen herauszupressen, ja herauszuschinden, die in immer kürzeren Zeiträumen den Weg in das Nichts wandern# 1930: in das Nichts wandern ersetzt durch: alles Irdischen gehen . Jeder Hof hat so seinen »Hofjuden«.150 (So heißen die Scheusale# 1930: Jeder Hof hat so seinen »Hofjuden«. (So heißen die Scheusale ersetzt durch: So hat jeder Hof seinen »Hofjuden« – wie die Scheusale heißen , die das liebe Volk# 1930: eingefügt: bis zur Verzweiflung quälen und den Fürsten das ewige Vergnügen bereiten.)# 1930: gestrichen: Klammer Wen will es da wundernehmen, daß diese »Zierden«# 1926: »Zierden« ersetzt durch: Zierden des menschlichen Geschlechtes endlich auch äußerlich geziert werden und in den erblichen »Adelsstand«# 1926: »Adelsstand« ersetzt durch: Adelsstand emporsteigen und so mithelfen# 1930: emporsteigen und so mithelfen ersetzt durch: emporsteigen, so mithelfend , auch diese Einrichtung nicht nur zur# 1930: zur ersetzt durch: der Lächerlichkeit zu verdammen# 1930: zu verdammen ersetzt durch: preiszugeben , sondern auch noch# 1930: auch noch ersetzt durch: sogar zu vergiften.# 1939: Punkt ersetzt durch: Ausrufezeichen;
1944: Fragezeichen

Nun vermag er natürlich erst recht seine Stellung zugunsten seines Fortkommens zu verwenden.

Endlich braucht er sich ja nur taufen zu lassen, um in den Besitz aller Möglichkeiten und Rechte der Landeskinder selber kommen zu können. Er besorgt dieses »Geschäft«# 1926: »Geschäft« ersetzt durch: Geschäft denn auch nicht selten zur Freude der Kirchen über den gewonnenen »Sohn«# 1926: »Sohn« ersetzt durch: Sohn und Israels über den gelungenen Schwindel.151