Die jüdisch-sozialistischen Kriegshetzer gegen Rußland <span class="pagenumber">[155]</span>

136  Wie sich Hitler eine stärkere deutsche Unterstützung der italienischen Politik vor 1914 vorstellte, illustriert ausführlich sein 1928 verfasstes, unveröffentlichtes »Zweites Buch«. Die historischen Parallelen zwischen Italien und Deutschland – zwei »verspätete« Nationalstaaten mit Feindschaft zu Frankreich und starker Auswanderung – prädestinierten die beiden Mächte in Hitlers Augen geradezu als Bündnispartner: »Würde die deutsche Politik der Vorkriegszeit nicht mit aller Blindheit geschlagen gewesen sein, dann hätte sie diese Entwicklung« – gemeint ist der italienische Versuch, Kolonien in Afrika und im Mittelmeerraum zu erwerben – »mit allen Mitteln unterstützen und fördern müssen, nicht nur weil sie eine natürliche Stärkung des Bundesgenossen bedeutet hätte, sondern weil sie vielleicht die einzige Möglichkeit geboten hätte, das italienische Interesse von der Adria wegzuziehen und damit die Reibungsflächen mit Österreich-Ungarn zu vermindern.« Dies hätte außerdem Italiens »Gegnerschaft« mit Frankreich »befestigt«. Damals aber, so Hitler, habe die deutsche Führung versagt, ebenso »die öffentliche Meinung, angeführt von irrsinnigen deutschnationalen Patrioten und außenpolitischen Phantasten«, die gegen Italien Front gemacht hätten.

Vgl. Hitler, Reden, Bd. II A, S. 136 – 178, Zitate S. 138. Zu den Spannungen innerhalb des Dreibunds aus italienischer Perspektive

vgl. Anm. 31 in diesem Kapitel. Zu Hitlers Wunschziel, das faschistische Italien als deutschen Bündnispartner zu gewinnen, vgl. Kap. II/13, Anm. 108.

137 Zwar kann von einer solchen gezielten »Kriegshetze« keine Rede sein, die deutsche Sozialdemokratie – in den Augen völkischer Ideologen ein Instrument des »Weltjudentums« – stand Russland und seiner autokratischen Regierung jedoch sehr reserviert gegenüber. Vielen Sozialdemokraten galt es als sozial rückständiger Hort der Unterdrückung und Barbarei. Führende sozialdemokratische Politiker wie Wilhelm Liebknecht forderten um 1880 gar einen Präventivkrieg, um Russlands Streben nach europäischer Hegemonie einzudämmen. Populär wurde eine Äußerung August Bebels, der 1907 auf einem SPD-Parteitag verkündete, wenn es gegen Russland ginge, würde auch er noch einmal die »Flinte« schultern. Im Sommer 1914 waren ebenfalls viele Sozialdemokraten von der Notwendigkeit eines Kriegs gegen Russland überzeugt.

Auch vielen deutschen und österreichischen Juden war Russland verhasst, insbesondere aufgrund der blutigen Judenpogrome, die 1881 bis 1884 und 1903 bis 1906 in Russland gewütet hatten. Nicht zu Unrecht galt Russland als Hort des Antisemitismus. Viele Juden begrüßten 1914 daher den Krieg gegen das Zarenreich. So schrieb der Berliner Rabbiner Samson Hochfeld am 11. 9. 1914 in der Allgemeinen Zeitung des Judentums: »Ist es unbillig, wenn wir Juden auf die Siege im Osten noch größeres Gewicht legen als auf die Waffentaten im Westen? […] Im Osten, da thront ja die entmenschte Barbarei, die Roheit im Bunde mit vermessener Willkür, im Osten schmachten Millionen unserer Glaubensbrüder im Joche entehrender Knechtschaft.« Der Rabbiner Joseph Wohlgemuth betonte in seiner Schrift Der Weltkrieg im Lichte des Judentums (1915): »Gesegnet die Stunde, da mit dem Zusammenbruch des Moskowitertums für alle Geknechteten in diesem an sich so reichen Lande, so gutmütigen Volke die Befreiungsstunde schlägt und unter ihnen auch unserer Glaubensbrüder von unerträglichem Drucke aufatmen können. Wir glauben an das Kommen dieser Stunde, und unter all dem Schmerzlichen, das wir erleben, sehen wir freudig die Erfüllung nahen.« Vor diesem Hintergrund überrascht nicht, dass viele deutsche und österreichische Juden den Friedensvertrag von Brest-Litowsk begrüßten und die harten Vertragsbedingungen mitunter als gerechte Strafe Gottes für die Verfolgung der russischen Juden deuteten.

Vgl. Allgemeine Zeitung des Judentums vom 11. 9. 1914, »Kriegsbetrachtung«; Wohlgemuth, Weltkrieg, Zitat S. 21; Aschheim, Brothers, S. 32 – 57; Rozenblit, Segregation, S. 236 f.; Panter, Erfahrungen, S. 39 – 53; Kap. I/5, Anm. 66, 70; Kap. II/6, Anm. 37, 38.

139 Die Außenpolitik des seit 1901 regierenden britischen Königs Edwards VII. (1841 – 1910) war geprägt vom Bemühen um eine Annäherung an Frankreich. Durch sein wirkungsvolles öffentliches Auftreten zugunsten dieser Allianz hatte der frankophile Monarch, der sich zeitlebens »eine dezidierte Feindseligkeit gegen Deutschland« bewahrte, großen Anteil am Zustandekommen des britisch-französischen Abkommens vom 8. 4. 1904, der »Entente cordiale«. Freilich konnte Edward VII. in den entscheidenden Jahren bis 1904 die Außenpolitik des Königreichs nicht allein gestalten, sondern nur in Abstimmung mit dem Kabinett – insbesondere mit dem damaligen britischen Außenminister Henry Petty-Fitzmaurice of Lansdowne. Mit seiner Attacke gegen Edward VII. reproduzierte Hitler Ideen, die in der deutschen Rechten weitverbreitet waren. So behauptete das 1917 anonym veröffentlichte Pamphlet Auf Tod und Leben. Ein Weckruf an alle Deutschen, Edward VII. habe das Ziel verfolgt, »Deutschland durch diplomatische Künste jede Bewegungsfreiheit zu nehmen und es, falls es sich gegen diese friedliche Erdrosselung zu wehren versuchte, durch einen großen Weltbund seiner Neider und Hasser zu vernichten«. Welch ein tiefer und zugleich wirrer Hass nach dem Ersten Weltkrieg unter völkischen Ideologen gegen den verstorbenen britischen Monarchen herrschte, zeigt exemplarisch Dietrich Eckarts Traktat Der Bolschewismus von Moses bis Lenin (1924), in dem Edward VII. als »Hochgradfreimaurer« und gar als »klassische[s] Bild eines Börsenjuden« beschrieben wird. Ähnliche Verdikte finden sich in Paul Bangs Pamphlet Judas Schuldbuch (1919), das in der frühen NSDAP als Schrift gehandelt wurde, die jeder Nationalsozialist kennen müsse.

Vgl. Teja, Tod, Zitat S. 8; Meister, Schuldbuch (^3/41919), S. 75 f., 79, 130; Eckart, Bolschewismus, Zitat S. 14; Paulmann, Pomp, S. 347 f.; Ryback, Bücher, S. 86; Clark, Schlafwandler, S. 233 f., 301, Zitat S. 234. 

die Ursache der Verhinderung des allseits erhofften und ersehnten Zerfalles der Monarchie erblickte. Man kam zur# 1937: zur ersetzt durch: zu der;
1939: zur Überzeugung, daß Wien zum Schlusse eben nur auf dem Umweg über Berlin zu erreichen sei.

Damit aber verlor zweitens Deutschland die besten und aussichtsreichsten Bundesmöglichkeiten# 1944: Bundesmöglichkeiten ersetzt durch: Bündnismöglichkeiten . Ja, an ihre Stelle trat immer größere Spannung mit Rußland und selbst Italien. Besonders in Rom war die# 1926: Besonders in Rom war die ersetzt durch: Dabei war in Rom die allgemeine Stimmung ebensosehr deutschfreundlich# 1939: deutschfreundlich ersetzt durch: deutschfeindlich;
1944: deutschfreundlich , wie sie Österreich feindlich aber auch im Herzen# 1926: Österreich feindlich aber auch im Herzen ersetzt durch: österreichfeindlich im Herzen auch des letzten Italieners schlummerte, öfters sogar hellauf brannte.136

Da# 1926: Da ersetzt durch: Weil man sich nun einmal auf Handels- und Industriepolitik geworfen hatte, war auch# 1926: gestrichen: auch zu einem Kampfe gegen Rußland ebenfalls nicht der leiseste Anlaß# 1944: Anlaß ersetzt durch: Anstoß mehr vorhanden. Nur die Feinde beider Nationen konnten daran noch ein lebendiges Interesse besitzen. Tatsächlich waren es auch in erster Linie Juden und Sozialisten# 1930: Sozialisten ersetzt durch: Marxisten , die hier mit allen Mitteln zum Kriege zwischen den zwei Staaten schürten und hetzten.137

Endlich aber mußte drittens dieser Bund für Deutschland eine ganz unendliche Gefahr deshalb in sich bergen, weil es nun einer dem Bismarckschen Reiche tatsächlich feindlich gegenüberstehenden Großmacht jederzeit mit Leichtigkeit gelingen konnte, eine ganze Reihe von Staaten gegen Deutschland mobil zu machen, indem man ja für jeden auf Kosten des österreichischen Verbündeten Bereicherungen in Aussicht zu stellen in der Lage war.

Gegen die Donaumonarchie war der gesamte Osten Europas in Aufruhr zu bringen, insbesondere aber Rußland und Italien.138 Niemals würde die sich seit König Eduards139 einleitendem Wirken bildende Weltkoalition140 zustande gekommen sein, wenn eben nicht Österreich als der Verbündete Deutschlands ein zu verlockendes Erbe dargestellt hätte. Nur so ward es möglich, Staaten mit sonst so heterogenen Wünschen und Zielen in eine einzige Angriffsfront zu bringen.141 Jeder konnte hoffen, bei einem allgemeinen Vorgehen gegen Deutschland auch seinerseits eine Bereicherung auf Kosten Österreichs zu erhalten. Daß nun diesem Unglücksbunde# 1944: Unglücksbunde ersetzt durch: Unglücksbund auch noch